Ein Mord im November

Oxford, Mord und ein Ermittlerduo wie Feuer und Wasser Wenn man an Kriminalromane denkt, in denen die Handlung in einer traditionsreichen Universität spielt, erwartet man meist feinsinnige Ermittlungen, dunkle akademische Geheimnisse und eine Prise britischen Charmes. „Ein Mord im November“ von Simon Mason erfüllt all diese Erwartungen – und überrascht dabei mit ungewöhnlicher Tiefe, einer…

Oxford, Mord und ein Ermittlerduo wie Feuer und Wasser

Wenn man an Kriminalromane denkt, in denen die Handlung in einer traditionsreichen Universität spielt, erwartet man meist feinsinnige Ermittlungen, dunkle akademische Geheimnisse und eine Prise britischen Charmes. „Ein Mord im November“ von Simon Mason erfüllt all diese Erwartungen – und überrascht dabei mit ungewöhnlicher Tiefe, einer starken sozialen Komponente und einem Ermittlerduo, das so gegensätzlich ist, wie es nur sein kann.

Im Zentrum des Romans steht der Ermittler DI Ryan Wilkins – ein unkonventioneller, ruppiger Typ, der aus einem sozialen Brennpunkt stammt und sich mit harter Arbeit und einem scharfen Instinkt seinen Platz bei der Polizei erkämpft hat. Er ist alles andere als poliert: grob im Umgang, wenig diplomatisch, aber mit einem bemerkenswerten Gespür für Menschen und Situationen. Ryan ist zudem alleinerziehender Vater, was seinem Charakter eine unerwartet warme, menschliche Note verleiht und ihn trotz seiner schroffen Art greifbar und sympathisch macht.

An seiner Seite steht DI Ray Wilkins – nicht verwandt, aber Namensvetter. Ray stammt aus einer wohlhabenden nigerianisch-britischen Familie, ist Oxford-Absolvent und bewegt sich mühelos in den elitären Kreisen, in denen der Mordfall spielt. Er ist das Gegenteil von Ryan: kultiviert, diplomatisch, kontrolliert. Das Zusammenspiel dieser beiden Männer sorgt nicht nur für Reibung, sondern auch für eine spannende Dynamik, die den Roman stark prägt. Ihre Zusammenarbeit ist oft konfliktreich, aber sie entwickeln im Laufe der Ermittlungen eine vorsichtige, gegenseitige Achtung.

Die Handlung beginnt mit dem Fund einer unbekannten jungen Frau, die tot im Büro eines hochrangigen Vertreters der Universität Oxford liegt. Schon bald wird klar, dass es sich nicht nur um einen Mord handelt, sondern dass tiefere, komplexere Zusammenhänge im Spiel sind. Die Ermittlungen führen in die Vergangenheit, zu alten Verbindungen, unausgesprochenen Schuldfragen und gesellschaftlichen Spannungen, die bis in die Gegenwart reichen.

Was diesen Roman besonders macht, ist nicht nur der spannende Plot, sondern auch die atmosphärisch dichte Darstellung der Universität Oxford. Simon Mason kennt den Ort genau – er lebt dort selbst – und das spürt man auf jeder Seite. Die ehrwürdigen College-Gebäude, die hierarchischen Strukturen, die Traditionen und Machtverhältnisse – all das wird mit viel Gespür geschildert und bildet ein faszinierendes Setting, das fast schon wie eine eigene Figur im Buch wirkt.

Ein weiteres starkes Element des Romans ist seine Gesellschaftskritik. Es geht um soziale Herkunft, um Vorurteile, um den Gegensatz zwischen akademischer Elite und sozialer Realität. Ryan verkörpert diesen Bruch besonders deutlich. Seine Perspektive auf die Universität, seine Abneigung gegen die Regeln und Codes dieser Welt und sein ständiges Ringen um Anerkennung sind ebenso spannend wie berührend. Zugleich bringt Ray die nötige Ruhe und Eleganz mit, um Türen zu öffnen, die Ryan verschlossen bleiben. Gemeinsam kommen sie einem Netz aus Lügen, Loyalitäten und moralischen Dilemmata auf die Spur.

Simon Mason gelingt es, nicht nur eine packende Krimihandlung zu erzählen, sondern auch komplexe Charaktere und gesellschaftlich relevante Themen zu verweben. Die Spannung bleibt durchgehend hoch, die Sprache ist präzise und angenehm zu lesen, und das Ermittlerduo wächst einem mit jeder Seite mehr ans Herz. Besonders gelungen ist die Art, wie Mason mit Gegensätzen spielt: Stadt und Land, Arm und Reich, direkt und diplomatisch, Tradition und Moderne – all das findet sich in dieser Geschichte wieder.

„Ein Mord im November“ ist der erste Fall für DI Wilkins – und hoffentlich nicht der letzte. Wer kluge Krimis mit Tiefgang, starken Figuren und einem besonderen Setting liebt, wird hier voll auf seine Kosten kommen. Dieses Buch ist ein absoluter Lesetipp für alle, die britische Krimis mit Charakter und Substanz schätzen.